Beschreibung
Zur Messung der Zielerreichung dienen verschiedene Indikatoren. Insbesondere der Antibiotikaverbrauch der einzelnen Kliniken stellt einen wichtigen Indikator dar. Zur Beurteilung der Verschreibungsdichte wird in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Klinikapotheke für die jeweilige Kinderklinik die von der Apotheke monatlich ausgegebene Menge der i.v. verabreichten Antibiotika genutzt: nach WHO ATC; in defined daily dose (DDD), recommended daily dose (RDD) oder in Gramm pro 100 stationäre Patiententage (g/100 PT). Um den Antibiotikaverbrauch zu untersuchen, werden keine individuellen Patientendaten weder vom auswertendem Institut (Institut für Med. Epidemiologie, Biometrie und Informatik) noch von den nicht-universitären Kliniken erfasst, gespeichert oder verarbeitet. Die Daten zum Antibiotikaverbrauch werden dem Institut für Med. Epidemiologie, Biometrie und Informatik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in aggregierter Form übermittelt. Die Universitätskliniken erhalten die Daten von den jeweiligen Krankenhausapotheken der kooperierenden Kliniken in aggregierter Form. So übermittelt die jeweilige Krankenhausapotheke der kooperierenden Klinik dem Hub beispielsweise nur die Anzahl der Antibiotikaverordnungen und die Anzahl aller Verordnungen für jeden Monat. Die Übermittlung der datzen erfolgt via E-Mail.
Zur Erfassung der Verordnungsqualität von Antibiotika ist die Durchführung von Punkt-Prävalenz-Erhebungen (PPE) zu mehreren Zeitpunkten im Projekt (vierteljährlich), beginnend vor der Intervention, in allen teilnehmenden Kliniken geplant. Bei diesen Erhebungen werden quartalsweise, an einem definierten Tag alle um 08:00 Uhr in einem definierten Rahmen stationär behandelten Patienten erfasst (Anzahl aller stationärer Patienten unabhängig von der Grunddiagnose). Für alle Patienten der ausgewählten pädiatrischen Stationen, welche zu diesem Zeitpunkt eine antibiotische Therapie erhalten, werden zusätzliche Basisinformationen erfasst. Zudem werden weitere Informationen über den eingebenden Arzt, die behandelnde Klinik, sowie konkrete Daten zur antibiotischen Therapie und mikrobiologischen Diagnostik erhoben. Alle Daten werden pseudonymisiert gesammelt. Zu den Punkt-Prävalenz-Erhebungen werden die Sorgeberechtigten und bei vorliegender Einsichtsfähigkeit auch die Patienten durch den betreuenden Arzt aufgeklärt und das Einverständnis eingeholt.Die Datenerhebung wird durch Fachärzte oder Facharztäquivalenz der nicht-universitären Kliniken nach Anweisung durch den entsprechenden Hub durchgeführt und unter einer Patienten-ID über patientenindividuelle Fragebögen vor Ort erfasst. Anschließend werden die Daten dann durch Fachärzte oder Facharztäquivalenz unter einer fortlaufenden Nummer in der Online-Umfrage-Applikation LimeSurvey erfasst und an die zuständigen Hubs übermittelt. Im Nachgang werden die Daten irreversibel anonymisiert.
Zur Untersuchung der Versorgungsqualität sollen die Anzahl neu geschulter Mitarbeiter in Antibiotic Stewardship sowie die Anzahl der in den einzelnen Kliniken neu eingeführten Leitlinien erfasst werden. Als weitere Indikatoren für die Versorgungsqualität sollen die Gesamtmortalität und Mortalität von Fällen mit infektiologischer Diagnose, Verweildauer auf pädiatrischen Stationen und die Interhospitaltransfers erfasst werden. Hierbei werden keine individuellen Patientendaten weder vom auswertendem Institut (Institut für Med. Epidemiologie, Biometrie und Informatik Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) noch von den nicht-universitären Kliniken erfasst, gespeichert oder verarbeitet. Die Daten werden vom jeweiligen Krankenhauscontrolling der kooperierenden Kliniken in aggregierter Form an die Hubs übermittelt und von dort aus an das Institut für Med. Epidemiologie, Biometrie und Informatik weitergeleitet, ebenfalls in aggregierter Form. So übermittelt das jeweilige Krankenhauscontrolling der kooperierenden Klinik dem Universitätsklinikum beispielsweise nur die Anzahl der Todesfälle und die Anzahl aller stationären Fälle für jeden Monat.
Der Anteil der verschiedenen Erreger unter allen Nachweisen, sowie die Anteile sensibler, resistenter und intermediärer Befunde an allen Befunden, stratifiziert nach Erreger, können durch Auswertungen mikrobiologischer Befunde (EUCAST/CLSI) bestimmt werden. Wie für die Endpunkte Antibiotikaverbrauch, Mortalität, Liegedauer und Interhospitaltransfer erfolgt hier die Lieferung von aggregierten und nicht patientenindividuellen Daten der kooperierenden Kliniken an das entsprechende Universitätsklinikum (Hub).
Projektbegleitend, und vor allem vor dem Hintergrund, dass diese neue pilotierte Versorgungsform ggf. im Verlauf in die Regelversorgung übernommen werden kann, findet eine Prozessevaluation statt. Hierbei sollen die kumulative Nutzung der App pro Krankenhaus, die Verfügbarkeit und Kommunikationsqualität für die einzelnen Teilbereiche der App (Information - Fortbildung - Beratung und Konsile) sowie der Aufwand dieses Dienstes auf Seiten der Hubs und deren ärztlicher und pharmazeutischer Mitarbeiter betrachtet werden. Es sollen Zugriffszahlen auf die App und Downloadzahlen von Streaming-Angeboten erfasst werden. Der App-Bereich Beratung und Konsile soll zusätzlich stratifiziert nach den Beratungsformen (Kurzanfrage - Konsile – Fallkonferenzen) betrachtet werden. Hierbei sollen als Parameter die Häufigkeit der infektiologischen Anfragen, die Zeitspanne zwischen fachlicher Anfrage bis abschließender Empfehlung dienen. Mittels Feedback-Fragen (in-App) für Ärzte soll die subjektive Zufriedenheit bzgl. der infektiologischen Beratung überprüft werden. Die Prozessevaluation beinhaltet auch eine gesundheitsökonomische Evaluation.
Abgeleitete Maßnahmen
Die erhobenen Daten werden nach Antibiotic Stewardship Kriterien bewertet und zur Identifizierung geeigneter ABS Interventionen und zu deren Evaluation verwendet.
Die Inhalte der App sind in jedem Falle ausschließlich als Empfehlungen für die nutzenden Ärzte zu verstehen. Die therapeutischen Entscheidungen in den einzelnen Kliniken liegen immer und ausschließlich in der Verantwortung der behandelnden Ärzte vor Ort am Krankenbett.
Zusätzliche Maßnahmen
keine
Informationsgewinnung und -übertragung
Die Daten zum Antibiotikaverbrauch, Resistenzstatistiken und Daten des Krankenhauscontrolling (mittlere Liegedauer, Mortatlität, Interhospitaltransfer...) werden zwischen den Abteilungen der nicht-universitären Kinderkliniken und dem auswertenden Institut (Institut für Med. Epidemiologie, Biometrie und Informatik Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) via E-Mail übermittelt.
Daten aus den Strukturfragebögen, der Apotheke und dem Krankenhauscontrolling, sowie Daten aus Erreger- und Resistenzstatistiken werden in aggregierter Form erfasst. Jede nicht-universitäre Klinik sendet die Daten entweder als E-Mail an den entsprechenden Hub, welcher sie im Anschluss auf Vollständigkeit und Korrektheit prüft. Nach dieser Qualitätsprüfung werden die Strukturdaten vom verantwortlichen Hub-Koordinator manuell in die Electronic Data Capture (EDC) Software LimeSurvey
übertragen und digitalisiert. Alle weiteren Daten werden auf der Plattform Confluence hochgeladen und somit aus allen Hubs zusammengeführt. Confluence ist ein online Arbeitsbereich für das gemeinsame Projekt- und Wissensmanagement eines Teams. Da
aggregierte Daten nicht der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) unterliegen, kann das Programm für eine Zentralisierung der Daten bedenkenlos verwendet werden. Um die Sicherheit weiter zu erhöhen, können definierte Seiten durch festgelegte Zugriffsrechte und Verschlüsselungen geschützt werden. Für das Hochladen und den Zugriff auf diese aggregierten
Daten werden nur die Hub-Koordinatoren und die Projekt-Mitarbeiter des Institutes für Med. Epidemiologie, Biometrie und Informatik (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) berechtigt sein.
Die App:
Während der Interventionsphase soll als zentrales Kommunikationsmittel innerhalb des Netzwerkes eine App fungieren. Die App wird im Rahmen des Projektes konzipiert, entwickelt und mit Inhalten befüllt. Die App gliedert sich in 3 Bereiche:
1. Nachschlagewerk (für die Ärzte der nicht-universitären Kinderkliniken)
2. Fort- und Weiterbildung (Podcasts etc.)
3. Kommunikationstool zwischen den Ärzten der peripheren Kliniken und den Hubs
Auf Ebene der teilnehmenden Kinderkliniken wird die App mit Beginn der Interventionsphase eingeführt. Alle in der Klinik arbeitenden Ärzte können diese App ab diesem Zeitpunkt nutzen. Hierzu muss sich jeder ärztliche Nutzer mit einem persönlichen Account in der App anmelden. Innerhalb des Projekts wird hierbei jedem Nutzer eine individuelle Identifikationsnummer (ID) zugeteilt, die anschließend für die Auswertung im Rahmen der Evaluation dient. Dieser ID werden im Projektverlauf alle Aktivitäten des Nutzers sowie die jeweils nach einer Kommunikation mit dem Hub zu beantwortenden Feedback Fragen zugeordnet. Die Generierung der ID erfolgt nach dem einfachen Schema „HUB“ – „KLINIK NUMMER INNERHALB DES HUBS“ – „FORTLAUFENDE NUMMER“ (also M-003-001 für den ersten Nutzer in Kinderklinik Nummer 1 innerhalb des lokalen Hub-Netzwerks München). Vor Registrierung innerhalb der App wird jeder neue Nutzer über diese Verwendung seiner persönlichen Daten sowie die Generierung der ID aufgeklärt. Hierbei wird aktiv das Einverständnis des neuen Nutzers innerhalb der App erfasst.
Der App-Bereich Beratung und Konsile soll die Erstellung allgemeiner oder patientenbezogener Anfragen ermöglichen. Hierbei sollen keine den Patienten identifizierenden Angaben in der App hinterlegt werden. Der Bezug zur Fragestellung erfolgt über eine fortlaufende Nummer. Lediglich notwendige Angaben wie Alter, Körpergewicht und Körpergröße werden erfasst. Die Anfragen werden dem jeweiligen Hub zugeordnet und unter der Nutzer-ID und einer Fall-ID (fortlaufende Nummer) gestellt. Die Kommunikation erfolgt ausschließlich zwischen dem anfragenden Arzt und dem Arzt/Apotheker/Koordinator im Hub zur Beratungszwecken. Eine direkte Kommunikation zwischen Patient der nicht-universitären Kinderklinik und einem Arzt oder Apotheker im Hub ist nicht vorgesehen. Über diese App können in verschiedenen allgemeinen oder auch speziellen Behandlungssituationen Anfragen durch die Ärzte vor Ort an die jeweiligen in den Hubs tätigen Ärzte gestellt werden. Allgemeine, nicht-patientenbezogene Anfragen (sog. TELE-Info) können jederzeit via App sowohl außerhalb als auch innerhalb des gesicherten Kliniknetzwerks gestellt werden. Patientenbezogene Anfragen (TELE-Konsile) können ausschließlich über die sichere Kliniknetzwerk-Verbindung via App gestellt werden (also innerhalb der Klinik, unter Nutzung klinikeigener Endgeräte). Alle Anfragen werden durch die Mitarbeiter des jeweils zuständigen Hubs innerhalb der App beantwortet und dokumentiert. Einzelne, sehr komplexe Fälle können zudem im Rahmen von telemedizinischen Fallkonferenzen besprochen werden, an denen dann mehrere Kliniken bzw. Hubs beteiligt werden können. Diese telemedizinischen Konferenzen finden ausschließlich außerhalb der App, über ein Videokonferenzsystem statt. Für
spezielle Probleme und nur auf besonderen Wunsch der betreffenden Klinik sollen auch Konsile am Krankenbett (Bedside Konsil) möglich sein.
Die Möglichkeit der Durchführung von Punkt-zu-Punkt-Verbindungen sowie die Organisation von sicheren Mehrpunktkonferenzen (Fallkonferenzen) bilden zentrale Elemente der Videokonferenzlösung. Dabei werden die Echtzeitdaten der Konferenz entweder direkt zwischen den Video-Endpunkten oder über Server in Deutschland, maximal innerhalb der EU / des EWR transferiert. Aus Dokumentationsgründen soll eine Fallkonferenz auch aufgezeichnet werden können. Diese Entscheidung wird aktiv von allen Teilnehmern nach vorheriger Aufklärung über den Zweck getroffen. Die entstandenen Audio- und Videodateien werden nur in lokalen
Verzeichnissen gespeichert und nach Zweckerfüllung gelöscht.
Potentiell erhobene Nutzerdaten (E-Mail, Name, IP-Adressen) werden ebenfalls datenschutzkonform abgespeichert. Die Dauer der Speicherung ist zweckgebunden und überschreitet nicht die Projektlaufzeit. Vor der Teilnahme an einer Konferenz werden alle Nutzer datenschutzrechtlich und über den geplanten Zweck der Datenerhebung aufgeklärt. Die Einwilligung muss aktiv erfolgen.
Informationsempfänger und -verarbeitung
Das TeleKasper Netzwerk besteht aus verschiedenen Ebenen. Dabei sind die Krankenhäuser in vier regionalen Netzwerken zusammengeschlossen. Jedes dieser Netzwerke aus nicht-universitären Kinderkliniken wird von einer universitären Klinik mit Expertise im Bereich pädiatrisches Antibiotic Stewardship und Infektiologie (Hub) koordiniert (Klinikum der Universität München, LMU, Universitätsklinikum Halle, Universitätsklinikum Essen AöR, Universitätsklinikum des Saarlandes). Die einzelnen Hubs wiederum sind übergeordnet in einem Verbund zusammengeschlossen. Die übergeordnete Koordination aller vier Hubs übernimmt der ärztliche Projektleiter in Absprache mit dem Konsortialführer (beide mit Sitz am LMU Klinikum München). Alle Informationen, die der Patientenversorgung dienen, werden zwischen den regionalen Kinderkliniken und deren zugeordneten Hubs ausgetauscht.
Informationen, die der Evaluation dienen (aggregierte daten zum Antibiotikaverbrauch, Resistenzstatistiken, Verordnungsqualität) werden dem evaluierenden Institut übermittelt (Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, MLU Halle-Wittenberg). In den Hubs werden die von den nicht-universitären Kinderkliniken stammenden Daten zuvor auf Plausibilität geprüft und ggf strukturiert (sortiert, umgerechnet) und anschließend dem evaluierenden Institut übermittelt.
Das im Rahmen des Innovationsfonds zu etablierende Netzwerk ist perspektivisch jederzeit sowohl nach oben (z.B. Regionalverbünde) als auch nach unten (z.B. Arztpraxen) erweiterbar.