Beschreibung
iCAN startet unmittelbar vor der Entlassung von Patient*innen aus der (teil-) stationären Behandlung und soll junge Menschen mit einer depressiven Symptomatik gezielt dabei unterstützen, die Herausforderungen nach der Klinikzeit zu meistern (siehe Abbildung „iCAN - Graphische Darstellung“). Dabei besteht iCAN aus einer Smartphone-App und aus einem Tele-Coaching. Die Intervention erfolgt über einen Zeitraum von 12 Wochen.
Zur Stabilisierung der stationär erreichten Erfolge absolvieren die Patient*innen ein Kompetenztraining mithilfe der iCAN-App. Bei der Arbeit in der App werden die Patient*innen von einem Chatbot begleitet, der der Adhärenz- und Motivationssteigerung dient. Um zusätzlich die Anbindung an ambulante Nachsorgeangebote zu unterstützen, stellt die iCAN-App die Bedeutung der Nachsorge sowie (regional) verfügbare und passende Angebote auf zielgruppenadaptierte Weise vor.
Das zu iCAN gehörende Tele-Coaching umfasst wöchentliche Telefonate von jeweils 30 Minuten und wird von Psycholog*innen durchgeführt, die für das Tele-Coaching qualifiziert wurden. Die Tele-Coaches motivieren die Patient*innen für das Kompetenztraining in der iCAN-App und unterstützen die Patient*innen bei der Anbindung an erfolgsversprechende ambulante Nachsorgeangebote.
Evaluiert wird die iCAN-Intervention mithilfe einer klinischen Studie. Dabei handelt es sich um eine prospektive, randomisiert-kontrollierte (zweiarmig: Interventionsgruppe = Regelversorgung plus iCAN, Kontrollgruppe = Regelversorgung), einfach verblindete (Evaluation), mixed-method (quantitative und qualitative Evaluation) Multicenter-Studie im Längsschnitt. Diese zielt darauf ab, zu prüfen, ob der Einsatz von iCAN (zusätzlich zur Regelversorgung) bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die wegen einer depressiven Störung stationär behandelt werden, den im stationären Setting erzielten Therapieerfolg stabilisiert und die Anbindung an die ambulante Nachsorge verbessert. Zudem soll untersucht werden, inwieweit sich in der Folge Krankheitskosten reduzieren lassen.
Der Studienablauf ist wie folgt: Nach einem Einführungsgespräch sowie der Aufklärung und schriftlichen Einwilligung der Patient*innen zur Studienteilnahme (bei Minderjährigen: zusätzliche Einwilligung der sorgeberechtigten Personen) wird die Eingangsdiagnostik (Baseline, T0) in der Klinik von geschulten Klinikmitarbeiter*innen durchgeführt. Daran anschließend folgt die randomisierte Zuweisung zur Interventions- oder Kontrollgruppe. Ausgehend von der Eingangsdiagnostik (T0, Baseline) sind für alle Patient*innen weitere Messzeitpunkte 6 Wochen nach Randomisierung (T1, Zwischenevaluation), 3 Monate nach Interventionsbeginn (T2, Ende Interventionsphase) und 6 Monate nach Interventionsbeginn (T3, Abschlussdiagnostik) geplant. Darüber hinaus nehmen alle Patient*innen wöchentlich am ambulatorischen Assessment (mittels Smartphone) zu Depressionssymptomen und Nutzung von ambulanten Nachsorgeangeboten teil. Aus methodischer Sicht handelt es sich hierbei um Ecological Momentary Assessment (EMA).
Zu den genannten Messzeitpunkten werden vom Klinikpersonal (T0), sowie durch Mitarbeiter*innen der quantitativen Evaluation per Telefon (T1-T3) Befragungen durchgeführt. Deren Ergebnisse werden in das Studienmanagement-Tool (SMT), das die mentalis GmbH bereitstellt (Serverstandort: Deutschland/EU), eingetragen und dort gespeichert. Ebenso werden dort Daten, die die Patient*innen selbst per Tablet (noch in der Klinik) und per Smartphone (nach Klinikaufenthalt) angeben, gespeichert. Eine Übersicht über die Parameter und deren Messzeitpunkte finden sich in folgendem Dokument: „Übersicht iCAN_Instrumente und Messzeitpunkte“.
Die qualitativen Interviews der Patient*innen finden online zu T1 und T2 statt. Die Erhebungszeitpunkte der qualitativen Evaluation des Klinikpersonals, der Tele-Coaches sowie der ambulanten Behandler*innen richten sich nach dem Zeitpunkt, zu dem eine jeweils festgelegte Anzahl von Patient*innen eingeschlossen bzw. betreut wurden. Zu diesen festgelegten Zeitpunkten wird das Klinikpersonal und die Tele-Coaches auch quantitativ befragt.
Nach Abschluss der Datenerhebung erhält die Clearingstelle die quantitativen Daten aus dem SMT sowie die Routinedaten der Versicherten von den an der Studie beteiligten Krankenkassen und erstellt daraus einen pseudonymisierten Datensatz. Dieser Datensatz wird der Konsortialführung sowie den Evaluator*innen zur Verfügung gestellt. Nach Projektabschluss wird der Datensatz anonymisiert und, mit Ausnahme der Routinedaten, auf einem Repositorium für Forschungsdaten (PsychArchives, Leibniz-Institut für Psychologie, ZPID Trier, Deutschland) bereitgestellt.
Quelle:
Tendolkar, I., Vrijsen, J. N., & Becker, E. S. (2019). „Cognitive bias modification“ als mögliche Add-on-Therapie bei Depression: Stand der Forschung. Psychotherapeut, 64(3), 180–185. doi.org/10.1007/s00278-019-0354-0
Abgeleitete Maßnahmen
Die Informationen werden gesammelt, um die Wirksamkeit und Kosteneffektivität von iCAN evaluieren zu können.
Zusätzliche Maßnahmen
Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe unterstützt die Rekrutierung durch die Erstellung von Rekrutierungsmaterial für die Kliniken (Flyer, Plakate) sowie Medienarbeit in den Regionen der Studienzentren. Zusätzlich beteiligen sich im Rahmen von Fokusgruppen Mitglieder von Berufs- und Fachverbänden an der Interventionsoptimierung.
Informationsgewinnung und -übertragung
An der Informationsgewinnung sind die Patient*innen selbst, geschulte Klinikmitarbeitende, Tele-Coaches sowie quantitative und qualitative Interviewer*innen beteiligt.
Die am Projekt beteiligten Krankenkassen stellen zudem Routinedaten von den bei ihnen versicherten Patient*innen bereit. Erfasst werden außerdem die Nutzungsdaten der iCAN-App und die durch die Patient*innen generierten Inhalte in der iCAN-App im Rahmen der App-Nutzung.
Allgemeine Erhebungsmethoden: Klinische Interviews in Präsenz, telefonische Interviews (quantitative Evaluation), online geführte Interviews (qualitative Evaluation), Fragebögen-Assessment via Tablet/ Smartphone, Erfassung der App-Nutzungsdaten, Erfassung der generierten Inhalte in der iCAN-App, Routinedaten der am Projekt beteiligten Krankenkassen
Informationsempfänger und -verarbeitung
Die Erhebung der quantitativen Daten der Patient*innen erfolgt mithilfe von LimeSurvey über ein Studienmanagement-Tool (SMT), das von der mentalis GmbH betrieben wird. Im SMT werden personenbezogene Daten, Kontaktdaten, und alle im Laufe der Studie erhobenen quantitativen Daten gespeichert. Der Datenzugriff wird jeweils durch Rollen (Konsortialführung, Evaluator*innen, Klinikpersonal, Tele-Coaches) definiert, sodass Studienmitarbeitende ausschließlich den für sie relevanten Teil einsehen bzw. bearbeiten können. Sofern Daten von Patient*innen einzugeben sind, erfolgt der Zugang hierzu über das Klinikpersonal (T0) oder Evaluator*innen (T1-T3).
Aufnahmen, die im Rahmen von Interviewverfahren generiert werden, werden zunächst mit einer Kamera (T0), einer Software (Reaper) (quantitative Telefoninterviews zu T1-3) oder einem Videokonferenztool (BigBlueButton) (qualitative Interviews) aufgenommen und anschließend auf einem gesicherten Server der Universität Greifswald/ der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg gespeichert. Dort werden auch die Transkripte der Interviews aufbewahrt.
Nach Abschluss der Datenerhebung übermittelt die mentalis GmbH die quantitativen Daten an die Clearingstelle; ebenso übermitteln die Krankenkassen die Routinedaten an die Clearingstelle. Die Clearingstelle generiert aus diesen Daten einen pseudonymisierten Datensatz. Im Anschluss sendet die Clearingstelle den pseudonymisierten Datensatz der Patient*innen an die Konsortialführung sowie an die Evaluator*innen zur Auswertung der Studie.
Die personenbezogenen Daten des Klinikpersonals und der Tele-Coaches werden ebenfalls im SMT gespeichert. Die quantitative Befragung wird über das Online-Tool Unipark ausgeführt und deren Ergebnisse anschließend pseudonymisiert auf einem gesicherten Server der Universität Greifswald/ der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg gespeichert. Die qualitativen Interviews des Klinikpersonals und der Tele-Coaches wird mithilfe von BigBlueButton durchgeführt. Für die qualitative Befragung der ambulanten Behandler*innen wird Sosci-Survey eingesetzt. Die Aufnahmen, Transkripte und Ergebnisse der qualitativen Befragung werden auf einem gesicherten Server der Universität Greifswald gespeichert.